Für mich als Betreiberin eines Möbelgeschäfts im Herzen von Budapest gibt es nichts Schöneres, als mich mit meinen Kunden über ihre Einrichtungsideen und deren Umsetzung zu unterhalten. So habe ich im Geschäft meine Lieblingsbücher ausliegen, in denen Interessierte ungestört stöbern können.

Von der Farbgestaltung über die Kinderzimmerdekoration und Möblierung, moderne Einrichtungen in Anlehnung an den skandinavischen Stil bis hin zur klassischen asiatischen Innen- und Außenarchitektur habe ich im Laufe der letzten Jahre so einiges an außergewöhnlichem Material zusammengestellt.

 

 Dabei kam mir sicherlich zugute, dass große indische Buchläden wie „Landmarks“ und „Crosswords“ über ein riesiges Angebot von Architekturbüchern und Designmagazinen aus dem englischsprachigen Raum verfügen, die noch dazu äußerst erschwinglich sind.

Allein mit unserer kleinen Familie haben wir im Verlauf der letzten 15 Jahre mehr als 10 Umzüge bewältigt, von Klimazone zu Klimazone, von Land zu Land, von Wohnungen in Häusern und umgekehrt, von Eigentum in der Mietunterkunft.

 

 


Immer mit unserem eigenen Bestreben verbunden, es der Familie so schnell wie möglich wieder wohnlich zu gestalten, damit man sich im Umfeld zu Hause fühlen kann.

Unsere Einrichtung ist dabei mit uns gereist, teilweise aussortiert oder verschenkt worden, auch mal kaputt gegangen oder auch weiterverkauft worden. Geblieben sind Lieblingsstücke oder Objekte, die sich in jeder Umgebung problemlos einfügen lassen. Da ich aber selbst Veränderungen liebe und ständig mit neuen und alten Möbelstücken und außergewöhnlichen Designs konfrontiert bin, probiere ich aber auch gerne immer mal wieder etwas Neues aus.

Bei unserem ersten Umzug nach Indien im Jahr 2006 hat uns noch ein Container mit Ikea Möbeln begleitet. Alles noch originalverpackt in Kisten und platzsparend verstaut neben Spielsachen, Videokassetten und den Dingen, die wir bei einem Auslandsaufenthalt für unbestimmte Zeit nicht in Belgien zurücklassen wollten. Der Fokus lag damals sicherlich auf der Praktikabilität. Denn wir hatten im Vorfeld kaum Zeit, vor Ort den Möbelmarkt in Indien zu erkunden und unseren gesamten Hausstand wollten wir auch nicht versenden und auf unbestimmte Zeit ins Ausland schaffen. Unsere Sommer-Monsun-Ferien planten wir in den folgenden Jahren mit den Kindern in Belgien zu verbringen. Und hier sollte natürlich auch kein leeres Haus auf uns warten.

Der Aufbau unserer ersten Einrichtung in unserem Bungalow im Koregaon Park in Pune gestaltete sich dann schon recht nervenaufreibend.

Denn obwohl man uns Hilfe bei der Montage der Möbel zugesagt hatte, ist doch in Indien in jedem Lebensbereich das Hauptmotto: „Learning by doing“. Und wer, wenn nicht wir, hatte überhaupt schon jemals zuvor mit Hilfe einer gedruckten Bauanleitung in einer Nummernfolge ein Möbelstück aus Einzelteilen zusammengesetzt.

In den folgenden Tagen spielten dann unsere „Helfer“ mit unseren drei Kindern und wir bauten unsere komplette Hauseinrichtung im Handumdrehen selbst auf.

Unsere Ikea Einrichtung löste im Anschluss bei vielen Indern ein wohlwollendes Staunen aus. Denn mit ihrer Leichtbauweise, den frischen Farben unter Verwendung heller Hölzer stellte sie einen krassen Gegensatz zu den dunklen Teakmöbeln, schweren Eisenrahmen, Marmorfußböden- und Arbeitsplatten des in Indien sehr beliebten britischen Kolonialstils dar.

Leider sollten wir nicht allzu lange Freude an Schränken, Tischen, Kommoden und Betten haben, die doch hauptsächlich unter der Verwendung von Pressspan hergestellt wurden. Denn in Indien regnet es im Monsun ganze 3 Monate durch, bevor man sich auf eine anschließende 9-monatige Trockenphase einstellen muss.

Und obwohl sich die Millionenstadt Pune auf einem Hochplateau fern des Meeres befindet, sogen unsere Presspanmöbel während des Monsuns erstmal durstig Wasser auf, um sich dann anschließend in alle Richtungen zu verziehen oder gar einzureißen.

Nach einem Jahr in Indien speisten wir an durchhängenden Tischplatten und konnten keine einzige Schublade mehr öffnen.

Zu unserem Glück kam aber hier nichts auf den Müll, das noch irgendwo anders Verwendung finden konnte und dankbare Abnehmer für unsere recht mitgenommenen Möbel boten sich schnell an.

Letztendlich verschafften uns die mitgebrachten Ikea-Möbel ein Jahr Aufschub, in dem wir uns ohne Stress auf dem heimischen Möbelmarkt nach qualitativ besser geeigneten Einrichtungsgegenständen umschauen konnten….

Jenny Thiele